Unsere Vereinsgeschichte

 

"Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers." (Jean Jaurès)

 

Die Traditionsarbeit dient der Lebendig-Erhaltung unseres Brauchtums und stellt ein besonderes Charaktermerkmal eines Dorfes im bayerischen Oberland dar. Tracht und Brauchtum sind ein Stück bayerische Lebensart und Lebensfreude, sie sind nicht nur behütete Vergangenheit, sondern auch lebendige Geschichte. Gerade in der heutigen Zeit, in der die „guten Sitten“ oft mit Füßen getreten werden, ist es besonders wichtig, einen klaren Blick für das Echte, das Wertbeständige, zu haben.

So ist schon in unserer Vereinssatzung festgelegt, dass die Aufgaben des Vereins darin bestehen, unsere Tracht, Sitte, Brauchtum, Volksmusik- und Liedgut, Tänze und Schuhplattler, Mundart und Laienspiel zu erhalten und zu pflegen, sich mit der Heimatgeschichte zu befassen, sich für Denkmalpflege, heimischen Baustil und Volkskunst einzusetzen.

Ein wichtiges Anliegen ist es, der Jugend zu ermöglichen, ihre Wurzeln zu erkennen und sich derer bewusst zu werden. Unsere Kinder und Jugendlichen sollen dazu angeregt werden, mit Freude das Brauchtum zu pflegen sowie den Dialekt zu schätzen und auch zu sprechen. So können sie mit gestärktem Selbstbewusstsein ein Gespür für Heimat entwickeln und weitergeben.

 

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Trachtenvereine in Bayern gegründet. Viele traditionsbewusste Menschen hatten die Zeichen der Zeit (Industrialisierung, Werteverfall etc.) erkannt und beschlossen, der Verdrängung der Trachten und des Brauchtums im moderner werdenden Alltag entgegenzuwirken. Auch nach dem 1. Weltkrieg setzte sich diese Entwicklung fort.

Ursprung unseres Vereines waren die sog. „Zechen“, in denen junge Leute zusammengeschlossen waren.

 

So wurde auf Initiative von „Zechmeister“ Hans Giesl am 21. August 1919 der „Gebirgstrachten- und Erhaltungsverein d‘Goldbergler Helfendorf“ gegründet.

Als 1. Vorstand wurde Emmeram Giesl jun. gewählt, Kassier wurde Emmeram Eberle, das Amt des Schriftführers hatte Michael Wöllinger inne und als erster Vorplattler wurde Hans Giesl bestellt.

Ein nahegelegener Hügel namens Goldberg wurde für den Vereinsnamen gewählt.

Herberge bekam der junge Verein im Gasthof Fellner in Großhelfendorf.

 

Das Vereinsleben und die Vorbereitungen für das Gründungsfest begannen mit großem Eifer. Im Fahnengeschäft Lerch in München wurde für 85,- Mark eine Standarte gekauft. 18 Vereine kamen zum Gründungsfest am 21. September 1919 am Bahnhof in Helfendorf an. Bei strömenden Regen marschierten sie im Kirchenzug mit der Glonner Musikkapelle nach Kleinhelfendorf. Die nächste Enttäuschung erwartete die Trachtler in der Kirche: Pfarrer Rothwinkler weihte die Standarte nicht, weil die Männer in der kurzen Lederhose erschienen, was er als unangemessene Bekleidung einstufte. Daraufhin verließen die Goldbergler nach einem kurzen Gebet die Kirche wieder in Richtung Fellnersaal, wo das Fest mit Ansprachen und Ehrentänzen seinen weiteren Verlauf nahm.

 

Einige Gründungsmitglieder konnten mit Musikinstrumenten gut umgehen, so dass es keine Schwierigkeiten gab, am 26. Dezember 1919 die erste Weihnachtsfeier mit Christbaumversteigerung durchzuführen. Diese Tradition der Weihnachtsfeiern mit Musik, Gesang, Theatereinlagen, Versteigerung und Tombola hat sich bis heute erhalten. Seit vielen Jahren wird sie in bewährter Weise zusammen mit dem Sportverein Helfendorf veranstaltet.

 

Bereits am 19. April 1920 traten die „Goldbergler“ dem Oberlandler Gauverband mit Sitz in Miesbach bei, der selbst bereits 1899 gegründet worden war. Zahlreiche Besuche von Trachtenfesten, sogar bis nach Landshut, folgten.

 

Im Februar 1920 wurde der Beschluss gefasst, eine Fahne zu beschaffen, was in der kargen und schwierigen Nachkriegszeit kein leichtes Unterfangen war. Es wurden Naturalien gesammelt und zum Fahnengeschäft Auer nach München gebracht. Der große Gönner Emmeram Giesl sen. musste zusätzlich mit einer großen Geldsumme aushelfen. Der Fahnenweihe am 9. Mai 1920 stand damit nichts mehr im Wege. Trotz Regens kamen mit dem Patenverein Edelweiß-Stamm München 23 Vereine und drei Musikkapellen nach Helfendorf. Ein großer Dank gebührte Herbergsvater Georg Fellner, der in der schlechten Zeit trotz widrigster Umstände für eine gute Verköstigung der Festteilnehmer sorgte. Eine zweite Fahne kam 1959 zum 40-jährigen Jubiläum hinzu.

 

Das Vereinsleben gestaltete sich rege, die Mitgliederzahl wuchs beständig an, so dass der Verein bis Ende 1920 schon ca. 50 Mitglieder zählte.

Im Jahr 1921 ist neben anderen Festen die Patenschaft bei der Fahnenweihe in Sauerlach hervorzuheben. Ein Jahr später waren die Goldbergler Pate in Brunnthal. Das Gaufest in Bad Tölz wurde mit der Harthauser Musik besucht. Daxwägen und Lkw waren zur damaligen Zeit die Transportmittel zu entfernteren Festorten.

 

Auch eifrig geplattlt wurde damals schon. Wie sich dem Protokollbuch entnehmen lässt, wurde bereits 1921 ein Einzel-Preisplatteln mit 92 Teilnehmern durchgeführt. Bereits 1923 wurde eine Theaterbühne angeschafft. Sämtliche Mitglieder steuerten je nach Vermögenslage dazu bei. Als Theaterleiter fungierte der damalige Hauptlehrer Zuchtriegel. Die ersten Aufführungen wurden große Erfolge – seitdem wird (mit Unterbrechung im 2. Weltkrieg) in Helfendorf regelmäßig Theater gespielt.

 

Vorplattler Hans Giesl organisierte 1930 - 1932 große Heimatabende, zu denen bedeutende Persönlichkeiten wie der bekannte Volkliedersammler Pauli Kiem vom Tegernsee und das legendäre Sängerduo Sontheim–Burda kamen. In den frühen dreißiger Jahren wurde zudem auch mit den Figurentänzen begonnen.

 

Seit 1930 findet jährlich zum Gedenken an unsere verstorbenen Mitglieder der Vereinsjahrtag statt – traditionsgemäß am dritten Septembersonntag.

 

Ebenso beteiligen sich die Goldbergler an den weiteren kirchlichen Festen im Ort, so zum Beispiel an der Fronleichnamsprozession und am Kirchenpatrozinium Emmerami, wo sie eine Emmeramsfigur sowie seit einigen Jahren auch eine Reliquie des Hl. Emmeram mittragen.

 

Während des Zweiten Weltkrieges kam die Vereinsarbeit wegen des herrschenden Versammlungsverbotes zum Stillstand.

Das Trachtenleben in Helfendorf erwachte im August 1949 mit dem 30-jährigen Gründungsfest wieder neu. Seither nahmen die Goldbergler an vielen Veranstaltungen unserer befreundeten Vereine und des Gaus teil. Es ist gegenüber unserer Patenvereine stets eine kameradschaftliche Verpflichtung, in möglichst großer Zahl zu kommen.

 

Als einen der Glanzpunkte der Vereinsgeschichte darf man das 70-jährige Gründungsfest im Jahr 1989 werten. Das fünftägige, durch den damaligen Vorstand Bernhard Katzmair zusammen mit den Ausschussmitgliedern und vielen fleißigen Helfer/innen, durchorganisierte Trachtenfest entschädigte für die einjährige Planung und die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten. Mehr als 1500 Trachtler waren am Festzug mit neun Musikkapellen und 26 Trachten- und Ortsvereinen beteiligt.

 

Einen weiteren Höhepunkt stellte im September 2009 das 90-jährige Jubiläum dar. Dieses wurde in etwas kleineren Rahmen organisiert. An drei Tagen wurde im Fellner-Saal gefeiert. Wie bereits 1989 wurde auch hier ein neues Vereinsfoto aufgenommen.

 

Vom 4. bis 7. Juli 2019 feierte unser Verein sein 100-jähriges Bestehen. Am traditionellen Heimatabend am Freitag verfolgten, moderiert von Hermann Oswald und drei Jugendlichen  aus dem eigenen Nachwuchs, rund 700 begeisterte Besucher die Auftritte von einheimischen und befreundeten Gruppen.

Am Samstag lud die Gemeinde Aying zunächst die Senioren zu einem Frühschoppen ein, ehe am Abend die beliebte Kabarettistin Martina Schwarzmann ihr Bühnenprogramm „Genau richtig“ zum Besten gab. Der überschwängliche Applaus der Besucher und ein vollbesetztes Zelt bewiesen, dass man hier bei der Auswahl der Künstler den richtigen Riecher bewiesen hatte.

Die Tatsache, dass exakt am Festsonntag längere Regenschauer einsetzten und der geplante Festumzug abgesagt werden musste, tat der guten Stimmung keinerlei Abbruch. Rund 2500 Trachtlerinnen und Trachtler verliehen dem von Pfarrer Oberkofler zelebrierten Gottesdienst am Vormittag einen würdigen Rahmen. Nach verschiedenen Ansprachen und dem gemeinsamen Mittagessen folgten zahlreiche Darbietungen der Gruppen der eingeladenen Vereine sowie natürlich der eigenen Aktiven-, Ehemaligen- und Nachwuchsgruppen, so dass zu den Klängen der Blaskapelle Helfendorf bis in die Abendstunden hinein getanzt und geplattelt wurde.

Nachhaltig in Erinnerung bleiben wird der bei der Organisation und Durchführung des Festes an den Tag gelegte Zusammenhalt und Gemeinschaftssinn der Vereinsmitglieder sowie der gesamten Ortsgemeinschaft, welche das 100jährige Vereinsbestehen zu einem unvergesslichen Ereignis machten.

 

Das Vereinsjubiläum bildete zugleich auch den krönenden Abschluss der Vorstandstätigkeit von Karl Hörterer jun. Dieser hatte den Verein insgesamt 27 Jahre lang als 1. Vorstand gelenkt und entscheidend geprägt. Nur folgerichtig war daher seine anschließende Ernennung zum Ehrenvorstand.

 

Seit dem Jahr 2020 werden die Goldbergler von einer neuen Vorstandschaft unter der Leitung von Max Demmel geführt. Dessen Aufgabe war es zunächst, den Verein durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie zu lotsen, welche die Vereinsaktivitäten nahezu zum Erliegen gebracht hatte. Aber auch diese Hürden wurden gemeistert, so dass der Verein zuversichtlich und voller Tatendrang in die Zukunft blicken darf.

 

 

Im Jahreslauf haben die Goldbergler viele weitere Termine. So beteiligt sich der Verein an der Trachtenwallfahrt des Oberlandler Gauverbands am Christi-Himmelfahrtstag nach Birkenstein, veranstaltet seit 1987 abwechselnd Maiandachten an den umliegenden Kapellen in Graß, Heimatshofen, Blindham, Trautshofen, an der Mariengrotte in Kleinkarolinenfeld sowie seit kurzem auch an den neuerbauten Hofkapellen in Rauchenberg und beim Köll in Großhelfendorf.

 

Großer Beliebtheit bei der Bevölkerung erfreut sich die seit 1993 und traditionell immer am 24.6. (Johanni-Tag) stattfindende Sonnwendfeier auf der „Gartmayr-Alm“ am Goldberg. Freundlicherweise stellte  Hermann Gartmayr seine „Alm“ hierfür zur Verfügung und steckte bis zu seinem Tod im Jahr 2022  viel Arbeit in deren Ausbau.

 

Seit 1980 nehmen wir mit Unterbrechungen auch an der Leonhardifahrt in Siegertsbrunn teil. Viele Jahre hat hier Emmeram Loher zusammen mit seinem Bruder Konrad seine Haflinger-Pferde angespannt und die ersten Jahre die Miederdirndl und danach die Kinderplattlergruppe gefahren.

 

Höhepunkt des Jahres stellt das Ende Juli stattfindende Gaufest des Oberlandler Gauverbandes dar. Hier gilt es, in möglichst großer Anzahl und sauberer Tracht zu erscheinen, um eine möglichst hohe Wertungszahl zu erreichen. Zehnmal konnten die Goldbergler bisher den ersten Platz erzielen.

 

In der Jugendarbeit liegt eine der wichtigsten Aufgaben unseres Vereins. Franziska Demmel und Philipp Sedlmaier kümmern sich derzeit um die Organisation und Durchführung der Plattlerproben. Sie üben wöchentlich im Vereinsraum im Feuerwehrhaus mit den derzeit ca. 30 Kindern und Jugendlichen. Ihr Können zeigt die Jugend bei den jeweiligen Veranstaltungen im Dorf oder auf Trachtenfesten (sog. Ehrentänze) und beim Kinder- und Jugend-Preisplattln der Gaugruppe Holzkirchen. So konnten die Helfendorfer schon viele schöne Erfolge erzielen. Sehr fleißig proben sie auch für die Auftritte in der Weihnachtsfeier. Die Nachwuchsschauspieler, -musikanten und -sänger/innen erhalten immer großen Applaus. Freilich muss der Fleiß auch belohnt werden. Die Kinder und Jugendlichen freuen sich auf die vom Gau veranstalteten Ausflüge, Zeltlager und Jugendtage. Jährlich wird auch vom Verein ein Jugendtag abgehalten, meist mit Radlrundfahrt mit „Heimatkunde-Quiz“, Spielen, Lagerfeuer oder Übernachten am Goldberg. Auch Ausflüge zum Kloster Benediktbeuern, zum „Hexenwasser“ in Söll oder zum Wildtier- und Kletterpark Oberreith wurden schon unternommen. Fest zum Jahresprogramm gehört auch das Kirtahutschn beim "Gödl".

Wie in der Vereinssatzung nachzulesen, hat der Trachtenverein unter anderem die Aufgabe, sich für Volksmusik und Volkslied einzusetzen. So organisiert Musikwart Hermann Oswald seit dem Jahr 2000 den „Emmerami-Hoagascht“, an dem Sänger und Musikanten aus dem Verein sowie aus der Umgebung auftreten. Hier soll unter anderem auch den Nachwuchsmusikanten- u. Sängern ein Forum geboten werden.

 

Auch das Laienspiel ist eine satzungsgemäße Aufgabe und wird seit jeher bei den Goldberglern gepflegt. Die Theateraufführungen finden jedes Jahr um Ostern herum statt. Unter der Leitung von Peter Lang werden verschiedene Stücke einstudiert und mit großem Erfolg aufgeführt.

 

Nicht mehr wegzudenken ist der Trommlerzug, der 1965 von Alois Lang gegründet wurde. Derzeit sind rund 25 Trommler unter der Leitung von Emmeram Esterl, der das Amt des Trommelmajors im Jahr 2020 von Kaspar Lechner übernahm, aktiv und bei unseren „Ausrückterminen“ selbstverständlich dabei.

 

Glücklicherweise begleitet auch eine Blaskapelle seit vielen Jahren den Verein. Wie der Chronist Erfried Smija beschreibt, entstand die Kapelle 1960 aus der „Tanzkapelle Hans Kiemer“. Den ersten Auftritt unter der Leitung von Erwin Weber hatten sie 1962 beim Trachtenjahrtag. Seither begleiten Sie die Trachtler - jetzt unter der Leitung von Michael Oswald - bei vielen Ausrückterminen und Festlichkeiten.

 

 

Unsere Vorstände:

1919-1921 Emmeram Giesl (Gründungsvorstand)

1921-1923 Josef Eder 

1923-1925 Emmeram Steinhart

1925-1929 Josef Eder

1929-1933 Hans Giesl (Ehrenvorstand)

1933-1934 Florian Hellwasser

1934 Emmeram Giesl

1934-1939 Hans Giesl

1946-1961 Alois Kroiß

1961-1986 Karl Hörterer sen. (Ehrenvorstand)

1986–1993 Bernhard Katzmair

1993–2020 Karl Hörterer jun. (Ehrenvorstand)

seit 2020 Max Demmel

 

Unter der Vorstandschaft von Karl Hörterer sen. waren die Goldbergler besonders aktiv.

So erreichten sie 1967 in Lenggries den. 1. Platz beim Gaufest des Oberlandler Gauverbandes. Insgesamt konnten sie diesen 1. Platz zehn Mal belegen.

 

 

Unsere Patenvereine:

GTEV Edelweiß München

GTEV Schloßbergler Valley

GTEV d`Römastoana Sauerlach

GTEV Edelweiß Brunnthal

GTEV d´Neuburgler Vagen

 

 

 

 

Die langjährige Geschichte, auf die der Trachtenverein d‘ Goldbergler Helfendorf zurückblicken kann, berechtigt dazu, mit Zuversicht auch nach vorne zu schauen. Hierfür braucht es jedoch auch weiterhin Menschen, die sich im Verein engagieren und die Traditionen bewahren. Heimat- und Brauchtumspflege sind nicht veraltete Überlieferungen. Sie sind Teil unseres Bayernlandes - und heute aktueller denn je.